Keine Mithaftung für einen Kredit bei finanzieller Überforderung

Keine Mithaftung für einen Kredit bei finanzieller Überforderung

Liebe macht blind und schränkt den Verstand ein. Das kann in vielerlei Beziehung schwerwiegende negative Folgen haben. Schlimm vor allem dann, wenn man sich durch eine (Fehl)Entscheidung in ein finanzielles Unglück stürzt. Häufiger als man vielleicht denkt, unterschreibt eine Frau für ihren Freund bzw. Mann ein Kreditvertrag oder bürgt für eine Kreditschuld. Während Verträge beständig sind, kann man das nicht von jeder Partnerschaft sagen. Und so kommt es nicht selten dazu, dass die Liebe erlischt, aber nicht die Verpflichtung aus ehemals geschlossenen Verträgen. Das müssen vor allem Frauen immer wieder bitter erfahren. Denn die Kreditinstitute sehen zu, von wem sie ihr Geld zurückbekommen. Aus Mitleid wird dann auch die Frau nicht geschont, die einst aus Liebe einen Vertrag oder eine Bürgschaft mitunterzeichnet hat. Hier gilt ein schlimmer Grundsatz: „Den Bürgen kannst Du würgen.“

 

Ein typischer Fall

Eine junge Frau unterschrieb mit ihrem Freund einen Darlehensvertrag über ca. 90.000 Euro mit einer monatlichen Rate von ca. 1.000 Euro. Mit dem Geld wollte der Freund alte Kredite umschichten und ein Auto kaufen. Die Frau verdiente als Verkäuferin in einer Bäckerei monatlich ca. 1.300 Euro netto. Zwei Jahre nach Vertragsunterzeichnung kündigte die Bank den Kreditvertrag, weil der Freund die Raten nicht mehr zahlte und stellte die Restforderung von ca. 50.000 Euro fällig. Da der Mann die Schuld nicht beglich, wollte die Bank das Geld von der Frau. Dass sich das Paar mittlerweile getrennt hatte, interessierte die Bank herzlich wenig und verklagte schließlich die „arme“ Frau. Das Landgericht (LG) Osnabrück verurteilte sie in erster Instanz zur Zahlung des Betrages. Die Frau ging in Berufung und fand die „richtigen“ Richter.

 

Sittenwidrige Vertragsabrede

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befand mit Urteil v. 29. Juni 2023 (Az. 8 U 172/22), dass die Frau trotz Mitzeichnung des Kreditvertrages nicht für die hohen Kreditschulden ihres vormaligen Partners haftet. Die Vertragsabrede sei sittenwidrig, weil die Bank bei Vertragsabschluss wusste, dass sich die Frau mit ihrer Mithaftung ihrem Freund zuliebe finanziell überhebt. Sie sei keine echte Darlehensnehmerin gewesen, sondern habe lediglich eine Mithaftung übernommen. Es handele sich daher um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Obwohl eine solche Abrede zwar möglich sei, war sie im vorliegenden Fall aufgrund der offensichtlichen, krassen finanziellen Überforderung der Frau sittenwidrig und damit nichtig. Es widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn ein Kreditinstitut ein solche Situation ausnutzt.

 

Kriterien für eine Sittenwidrigkeit

Die eine oder andere Frau - Mann eher selten - wird sich nun fragen, ob bei ähnlichem Sachverhalt diese Entscheidung auch auf sie zutrifft. Wie immer im Recht, kommt es auf den Einzelfall an. Nicht alles was man vielleicht als sittenwidrig empfindet, werten Juristen auch als sittenwidrig. Folgende Kriterien sprechen aber dafür, dass die Bank oder Sparkasse die emotionale Verbundenheit zwischen dem Mitunterzeichner und dem Darlehensnehmer ausgenutzt hat und damit Sittenwidrigkeit vorliegt:

 

  1. Mithaftende ist nicht selbst Darlehensnehmer

Wenn der Mitunterzeichner kein eigenes Interesse an der Kreditaufnahme hatte, liegt nur eine Mithaftung und keine eigene Darlehensschuld vor. Die Bezeichnung im Vertrag ist dabei unerheblich.

 

  1. Finanzielle Überforderung

Wenn der Mithaftenden bei dem Kredit krass finanziell überfordert war, dann wird seine spätere Inanspruchnahme sittenwidrig erscheinen. Von einer Überforderung kann man ausgehen, wenn der Mithaftende aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Lage ist, die laufenden Zinsen des Kredites mit eigenen Mitteln aufzubringen.

 

  1. Besonderes persönliche Nähe

Ein besonderes Näheverhältnis ist zunächst zwischen Ehegatten oder den Partnern einer Lebensgemeinschaft gegeben. Darüber hinaus kann dies bei einem engen Verwandtschafts- oder Freundschaftsverhältnis angenommen werden. Steht also der Mithaftende dem eigentlichen Darlehensnehmer besonders nahe, muss man davon ausgehen, dass die Bank beim Wissen um diese Nähe, die emotionale Verbundenheit ausgenutzt hat.

 

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Sollte eine Bank oder Sparkasse von Ihnen Geld aufgrund eines Vertrages fordern, den sie einst gemeinsam mit ihrem ehemaligen Partner geschlossen haben, dann verfallen Sie nicht in Panik oder versuchen zu zahlen. Kontaktieren Sie uns!

Wir prüfen für Sie, ob die Forderung sittenwidrig ist und Sie damit keine Verpflichtung haben, Geld an die Bank oder Sparkasse zu zahlen. Wir informieren Sie über die Erfolgsaussichten einer Abwehr der Forderung und über die möglichen Kosten der Rechtsdurchsetzung. Sie entscheiden danach, ob Sie uns in dieser Angelegenheit beauftragen wollen.

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